Livestreaming im Vergleich

Kommunale Gremien in Baden-Württemberg sollen in den kommenden fünf Jahren die Möglichkeit erhalten, Sitzungen im Internet übertragen zu können. So sieht es der Koalitionsvertrag von Grünen und CDU in Baden-Württemberg vor. In Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, dass öffentliche Sitzungen von Gemeinderäten, Kreistagen und Regionalversammlungen offen im Internet übertragen werden können, heißt es Koalitionsvertrag von Grünen und CDU von Anfang Mai 2021.

Diese Rechtsgrundlage fehlt bisher und lässt bisher viele Kommunen zögern, die auf Druck der jeweiligen kommunalen Gremien eine Übertragung umsetzen sollen. Aktuell müssen alle Mandatsträger für jede einzelne Sitzung die Zustimmung zu einer Übertragung erteilen. Besondere Hürden mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte gibt es bei Beschäftigten in den Verwaltungen. Noch ist unklar, wie eine solche Änderung der Gemeindeordnung aussehen könnte und welche Möglichkeiten sie am Ende eröffnet. Klar ist nur, dass laut Vertrag keine Kommune verpflichtet werden soll, eine Übertragung zu realisieren. Einige Bundesländer sind weiter: die dortigen Gesetze und Gemeindeordnungen enthalten bereits Regelungen.

Brandenburg erlaubt Aufnahmen und mehrere
Städte nutzen die Möglichkeit einer Übertragung

So ist in der Kommunalverfassung Brandenburgs festgelegt, dass jedes Gremium in der eigenen Geschäftsordnung festlegen kann, dass eigene Ton- und Bildübertragungen angefertigt werden können. Allerdings bleibt hier die Hürde bestehen, dass alle Mitglieder der jeweiligen Stadtverordnetenversammlung einer Übertragung zustimmen müssen. Die Landeshauptstadt Potsdam nutzt die Möglichkeit eines Streamings schon seit 2014 und stellt die Videos in einem Archiv zur Verfügung. Die Mitschnitte der vergangenen zwei Jahre stehen auch für die zweitgrößten Stadt Cottbus zur Verfügung.

Auch in Hessen ist eine Übertragung laut Gemeindeordnung möglich, sie muss aber in die Hauptsatzung der Gemeinde aufgenommen und in der Geschäftsordnung näher konkretisiert werden. In Frankfurt hat man sich dafür entschieden, eine Tonübertragung umzusetzen. Sie muss vor jeder Sitzung angekündigt werden, so dass Gremiumsmitglieder die Möglichkeit haben, zu widersprechen. Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz erlaubt ebenfalls Übertragungen und setzt wie in Hessen die Aufnahme in die Hauptsatzung voraus. Mandatsträger können verlangen, dass eine Aufnahme unterbleibt.

In Nordrhein-Westfalen haben sich die kommunalen Spitzenverbände zwar gegen eine verbindliche Regelung in der Gemeindeordnung ausgesprochen. Den einzelnen Kommunen steht es jedoch frei, Liveübertragungen vorzunehmen. Auch hier muss jeder Gemeinderat vor jeder Sitzung zustimmen. Alternativ können Aufzeichnungen angefertigt werden, so dass Wortbeiträge von widersprechenden Personen gelöscht werden können. In Rheinland-Pfalz nutzen zum Beispiel die Städte Mainz und Boppard die Möglichkeiten der dortigen Gemeindeordnung. Sie erlaubt eine Übertragung mit Ton und Bild, wenn alle anwesenden Mitglieder des Gremiums zugestimmt haben. Auch für das Saarland gelten diese Regeln.

Sachsen und Thüringen haben keine Regelungen in die Gemeindeordnungen aufgenommen. Dennoch gibt es einige Städte wie Leipzig, Chemnitz oder Erfurt und Jena, die regelmäßig die Sitzungen übertragen. In Jena wurde ein eigenes, datenschutzkonformes Regelwerk geschaffen, um die Übertragung rechtssicher zu machen. So werden nur der Redner am Pult und das Präsidium gezeigt. Aufnahmen der Zuschauer und des Sitzungssaals sind unzulässig. Dem externen Dienstleister wird vor der Sitzung mitgeteilt, welche Personen der Übertragung widersprochen haben.

In Bayern gilt für Gemeinderäte der
Grundsatz der informierten Einwilligung

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein Quorum für eine Übertragung. Sie ist dann zulässig, wenn nicht ein Viertel aller Mitglieder des Gemeinderats in geheimer Abstimmung widerspricht. Unterschiedlich ist die Regel der Bezirksversammlungen in Hamburg: in einigen Versammlungen sind Übertragungen möglich, andere haben keine Regelung in die Statuten aufgenommen. Die Bezirksverordnetenversammlungen in den Berliner Bezirken haben in der Mehrzahl der Fälle eine Übertragung zugelassen.

Das Bayerische Datenschutzgesetz macht detaillierte Vorgaben, wann und in welchem Rahmen eine Übertragung zulässig ist. Nur dann nämlich, wenn die Zustimmung ohne psychischen Druck und auf Grundlage ausreichender Information zustande gekommen ist. Der Datenschützer nennt das den Grundsatz der informierten Einwilligung. Aufgeklärt werden muss dabei vor allem über die besonderen Modalitäten und möglichen Wirkungsweisen einer Internetübertragung. Sie könne weltweit von einem unbegrenzten Kreis von Personen abgerufen, aufgezeichnet, verändert und ausgewertet werden. Stimmt jemand einer Übertragung nicht zu, dürfe dies nicht in diskriminierender Art und Weise bekannt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert