Haushaltsplanungen: diesmal schwierig

Das werden keine leichten Beratungen nach der Sommerpause: wenn die Gemeinderäte dann über den kommenden Haushalt diskutieren, werden sie vielfach mit weniger Geld auskommen müssen. Sie müssen darüber nachdenken, was umgesetzt werden soll und was nicht. Das Streichen von freiwilligen Leistungen ist nicht unbedingt die einzige Option, sagen Experten.

Es ist die wichtigste Aufgabe für Gemeinderäte mit einigermaßen sichtbaren Gestaltungsspielräumen: das Erstellen des Haushalts. Durch die Coronapandemie werden diese Spielräume deutlich kleiner werden. Dafür sorgen aller Voraussicht nach spürbare Einbrüche bei der wichtigsten Einnahmequelle der Kommune: der Gewerbesteuer. Kommunalpolitiker werden sich Gedanken darüber machen müssen, welche Projekte sie künftig priorisieren oder wo sie über freiwillige Leistungen zivilgesellschaftliche Gruppen wie Vereine und Verbände weiter unterstützen wollen (siehe Infokasten).

Bei freiwilligen Leistungen entscheidet alleine die Kommune über eine Umsetzung. Zu den Angeboten in diesem Bereich gehören unter anderem Museen und Bibliotheken, Jugendeinrichtungen, Sportanlagen oder Bäder, ebenso wie Tierparks und andere Freizeiteinrichtungen – also vor allem Angebote aus dem sozialen und kulturellen Bereich. Auch regelmäßige Zuwendungen für die Jugendarbeit in Vereinen oder die Förderung beim Bau von Sportanlagen, die sich im Besitz von Vereinen befinden, fallen in dieses Segment. Auch Beratungsstellen für Themen, bei denen sich eine Kommune nicht engagiert, werden oft durch solche Leistungen getragen. Eigene Einnahmen erzielen die Einrichtungen oft nicht, weswegen sie bei Wegfall der Unterstützung in der Existenz bedroht wären.

„Die Coronakrise wird tiefe Löcher in die kommunalen Haushalte reißen und dies nicht nur in 2020, sondern auch mindestens noch in 2021“, so Stephan Fliegner, Landesvorsitzender des Berufsverbands der kommunalen Finanzverwaltungen. Alle Kommunen seien davon betroffen, allerdings mit einem unterschiedlichem Umfang, ergänzt der Kämmerer aus Waldkirch (Kreis Emmendingen). Jetzt müsse man den Fokus stärker auf das Notwendige lenken und sich von manch Wünschenwertem verabschieden.

Mit Blick auf die Haushaltsberatungen von Gemeinderäten empfehle er, auf Aktionismus und übliche Reflexe zu verzichten. „Der pauschale Ruf nach Senkung der Personalkosten ist ohne eine Aufgabenkritik ebenso wenig angezeigt wie alle Freiwilligkeitsleistungen mit der Rasenmäher-Methode zu kürzen“, betont Fliegner. Vielmehr gehe es darum nachhaltige Maßnahmen einzuleiten. Den Gemeinderäten komme eine wichtige Funktion zu. „Sie werden teils unpopuläre Entscheidungen treffen müssen“, glaubt Fliegner, „zumal eine Verbesserung der Finanzen in der Regel nur durch Erhöhung der Abgaben oder Streichung von Leistungen erzielt werden können“. Um Verständnis in der Bevölkerung dafür zu bekommen, müsse dies frühzeitig und offen kommuniziert werden.

Der stellvertretende Landesvorsitzende des Bunds der Steuerzahler, Eike Möller, warnt die Gemeinderäte davor, die Hebesätze für Grund- oder Gewerbesteuer anzuheben. „Das würde die Lage eher verschlechtern“, sagt er mit Blick auf mögliche Unternehmensinsolvenzen. Hilfreich sei hingegen, eine Haushaltsstrukturkommission einzurichten, die alle Aufgabenbereiche der Kommune systematisch auf Einsparpotenziale hin untersucht.

Für den Schulbereich könne über Hausmeisterpools nachgedacht werden, kulturelle Aktivitäten könnte über mehr Sponsoring unterstützt werden und im Sozialwesen könne überlegt werden, Verwaltungsaufgaben in Kindergärten von der Verwaltung erledigen zu lassen. Auch geplante Bauvorhaben könnten auf den Prüfstand, zum Beispiel, was Größe, Ausstattung oder Gestaltung angeht. Nicht zwingend notwendige Projekte sollen seiner Ansicht nach zurückgestellt oder verschoben werden. Die Kommission könne sich auch eine Liste mit allen freiwilligen Leistungen erstellen lassen, um zumindest einen Überblick zu erhalten.

Der kommunale Finanzexperte der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh, René Geißler, sieht keinen Grund, in Baden-Württemberg mit einem Worst-Case-Szenario zu rechnen. So erstatte der Bund die Hälfte des Gewerbesteuerausfalls. Das helfe besonders Baden-Württembergischen Gemeinden, weil der Einbruch hierzulande höher sein werde als beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern. Geißler geht davon aus, dass die Landesregierung zusätzlich ein eigenes Paket für Kommunen und Landkreise schnüren werde. Zudem verfügen die Kommunen im Bundesland seinen Angaben zufolge über Rücklagen in einer Höhe von 13,5 Milliarden Euro. Kämmerer Fliegner kann die Zahl so nicht bestätigen und verweist auf große regionale Unterschiede.

Von Haushaltssperren hält Geißler wenig in einer solchen Situation, weil es da nur um geringe Beträge gehe. Über das bloße Streichen von freiwilligen Leistungen könne man gleichfalls keinen Haushalt sanieren. Solche Leistungen machten vielmehr den Charme einer Stadt aus. Für ihn ist eine Option, möglicherweise bei politischen Wunschprojekten größeren Ausmaßes vorsichtiger zu sein. „Flughäfen und Messen – das könnte durch sein“, so Geißler. Investitionen in Schulen, Kitas, beim öffentlicher Personennahverkehr oder im sozialen Wohnungsbau werde es aber weiter geben müssen.

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