Mehr Anträge der Fraktionen sind Grund für längere Sitzungen

In Konstanz soll die Arbeitsweise des Gemeinderats im Laufe der kommenden Monate grundlegend angepasst werden, in Horgenzell (Kreis Ravensburg) hat das Gremium drei neue Ausschüsse eingerichtet, um das Hauptorgan bei Entscheidungen zu entlasten. Zwei Beispiele von vielen, die zeigen, dass Gemeinderäte darauf reagieren müssen, wenn der Aufwand für das kommunalpolitische Engagement ein Ausmaß annimmt, das auf der bestehenden Basis kaum mehr zu bewältigen ist.

Mehr gewählte Listen führen zu verlängerter
Rednerliste in den Gemeinderäten

Beklagt wird vor allem die große zeitliche Belastung der Gremiumsmitglieder, hervorgerufen durch eine große Anzahl von Sitzungen und deren zum Teil lange Dauer. Allerdings ist das Problem auch hausgemacht: Statistiken weisen nach, dass die Zahl der Anträge und Anfragen durch Fraktionen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. In Konstanz etwa hat sich die Zahl seit 2010 von 64 Anträgen und Anfragen auf 191 im vergangenen Jahr verdreifacht. Flankiert wird dies von der Tatsache, dass die Wähler bei der vergangenen Kommunalwahl erneut mehr Listen in die Gemeinderäte gewählt haben. Das führt zu entsprechend längeren Rednerlisten.

In Konstanz sind vom Gemeinderat noch keine Entscheidungen getroffen worden. Eine entsprechende Vorlage wurde Ende Juli von der Tagesordnung genommen und vertagt. In einer Klausur Anfang Oktober wollen die Gemeinderäte noch einmal diskutieren. Von der Verwaltung gibt es aber schon erste Vorschläge, wie die kommunalpolitische Arbeit künftig organisiert sein soll. Ob diese auch so umgesetzt werden, ist deshalb noch unklar. In jedem Fall würde es umfangreiche Änderungen der Geschäftsordnung des Gemeinderats nach sich ziehen.

Vor jeder Sitzung des Gemeinderats soll eine Fraktionsbesprechung stattfinden, bei der der Ablauf und der geplante Rede- und Diskussionsbedarf für die einzelnen Tagesordnungspunkte abgeschätzt werden soll. In dieser Besprechung soll auch geklärt werden, bei welchen Punkten eine Einführung der Verwaltung überhaupt noch notwendig ist. Mitarbeitende der Verwaltung könnten – so der Vorschlag der Verwaltung – auch hybrid an der Sitzung teilnehmen, um bei Bedarf die Einführung zu absolvieren. Das würde stundenlange Wartezeiten von Mitarbeitenden in der Sitzung vermeiden.

Vereinbart werden könnte auch eine Redezeitbegrenzung von drei Minuten – unabhängig von der Bedeutung des Punktes. Ausführliche Beratungen sollen fortan in den Ausschüssen stattfinden. Wenn davon abgewichen werden soll, müsste dies in der Fraktionsbesprechung vereinbart werden. Bisher hat der erste Redner einer Fraktion fünf Minuten Zeit, jeder weitere dann noch drei Minuten. Allerdings gibt es viele Themen, die von der Begrenzung von vornherein ausgenommen sind. Faktisch existiert damit keine Begrenzung. Die Verwaltung stellt aber auch fest, dass die Geschäftsstelle Gemeinderat in der Verwaltung bisher keine regelmäßigen Überschreitungen der Redezeit feststellen konnte.

Horgenzells Gemeinderat will sich entlasten
und richtet drei neue beschließende Ausschüsse ein

Auch der Gemeinderat in Horgenzell hat seine Arbeit vollständig umorganisiert. Zum 1. Oktober werden Entscheidungen nicht nur im großen Gremium getroffen, sondern in drei neuen beschließenden Ausschüssen. So gibt es dem zweiten Halbjahr einen Verwaltungs- und Umweltausschuss sowie einen Technischen Ausschuss. Das entspricht dann weitgehend der üblichen Organisationsform anderer Kommunen in dieser Größenordnung. Horgenzell hat knapp 5 400 Einwohner. Die Anpassung der Hauptsatzung sei sinnvoll, heißt es in der Beschlussvorlage der Verwaltung. So könne man den vielfältigen Aufgabenstellungen einer modernen Gemeinde weiterhin gerecht werden. Konsequenterweise verändern sich in der Gemeinde auch die Wertgrenzen. Die Ausschüsse erhalten bis zu einer bestimmten Höhe das Recht, über Ausgaben und die Verwendung von Mitteln selbst zu entscheiden. Unter dieser Wertgrenze ist der Bürgermeister zuständig, darüber kommt der Gemeinderat ins Spiel.

Die Mannheimer Grünen-Fraktionen stellt die Grundsatzfrage, warum Kommunalpolitik immer noch ehrenamtlich gemacht werden müsse. Sitzungen mit vier bis fünf Stunden und mehr seien mittlerweile kaum noch die Ausnahme, schreiben die Grünen-Gemeinderäte Angela Wendt, Gerhard Fontagnier und Chris Rihm in einer Mitteilung. Für alle drei stellt sich mit Blick auf die Gemeinderatsarbeit die Frage, in welcher Form Kommunalpolitik künftig betrieben werden soll. „Klar, könnte man sagen, die Menschen in der Kommunalpolitik sollten mitten im Leben bleiben“, heißt es mit Bezug zur Ehrenamtlichkeit. Betrieben würde Kommunalpolitik aber von Menschen, die aufgrund ihrer Lebens- und Arbeitssituation flexibel seien, relativ viel Zeit hätten und finanziell abgesichert seien. Die Verbesserung der Stellung kommunaler Gremien und deren Ausstattung sei eine öffentliche Diskussion wert.

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