Gesehen #1: Kinder auf der Flucht

Die Szene ist absurd: zwei Tage bevor die Spielplätze auch wieder offiziell öffnen dürfen, sind die Kinder natürlich schon auf selbigen unterwegs. Auch deshalb, weil die meisten Eltern keinen Sinn mehr darin sehen, ihre Kinder nach so vielen Wochen noch einmal zwei Tage länger davon abzuhalten. Die „Gefahr“ ist an diesem Montag aller Wahrscheinlichkeit nach nicht größer oder geringer als am darauffolgenden Mittwoch.

Als die Polizei, vielleicht war es auch die örtliche Polizeibehörde, auf ihrer „Coronastreife“ an eben jenem Spielplatz vorbeifährt, sieht man Eltern in Richtung ihrer Kinder plötzlich wild durch die Gegend gestikulieren und rufen. Die sind aufgrund der vergangenen Wochen extrem konditioniert, verstehen sofort und rennen los – weg vom Spielplatz. Ein für alle Beteiligten ziemlich offensichtliches Manöver.

Schlimmer ist, was es über die derzeitige Situation aussagt: die Kinder flüchten vor einer Polizeistreife, weil sie aber sowas von illegal auf einem Spielplatz unterwegs sind. So schnell sind wir also so weit gekommen. Dabei wollten wir den Kindern beibringen, dass man als Normalbürger in Deutschland – und das ist wiederum das Beruhigende – nicht wegrennen muss vor der Polizei, sondern die Beamten im Gegenteil „Freund und Helfer“ sind. Jetzt stiften wir unsere Kinder doch an, vor der Polizei wegzurennen. Wie traurig.

Der Grund ist noch viel trauriger. Als Bund und Länder am 29. April 2020 beschlossen, die Spielplätze wieder zu öffnen, brauchte die Baden-Württembergische Landesregierung drei weitere Tage, um die Verordnung anzupassen. Das ist definitiv zu lange. Noch mehr: man wollte offenbar den Behörden noch am Montag und Dienstag Zeit geben, die roten Absperrbänder wegzumachen. Sorry, aber das hätten unsere Kinder am Samstag am besten gleich selbst erledigt. Die Absperrbänder waren am Mittwochmorgen immer noch da.

Die Polizei zwei Tage zuvor hat übrigens kurz angehalten, das Fenster runtergekurbelt, einen Erwachsenen angesprochen und hat dann das einzig Vernünftige gemacht: sie ist einfach weitergefahren.

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