365 Euro-Ticket: Nur schwer zu erreichen

In einigen Verbünden des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wird gerade über die Einführung von 365-Euro-Tickets diskutiert. Die Kreistage haben dabei ein gewichtiges Wort mitzusprechen, denn in vielen Fällen sind sie Eigentümer der privaten Unternehmen, die den ÖPNV in einem bestimmten Gebiet erbringen. Über die Vertreter des jeweiligen Aufsichtsrats können die Kreistage deshalb Einfluss auf die Verkehrsunternehmen ausüben – etwa durch eine Weisungsbefugnis.

Einen solchen Versuch hat beispielsweise die SPD-Fraktion im Ausschuss für Umwelt und Infrastruktur des Kreistags im Landkreis Heidenheim unternommen. Sie beantragte dort die Einführung des Tickets, das Fahrgästen ermöglichen würde für einen Euro pro Tag die Busse im Heidenheimer Tarifverbund (htv) zu nutzen und das ein ganzes Jahr lang. Genügend Unterstützung dafür gab es allerdings nicht aus den anderen Fraktionen des Kreistags. Auch die Landkreisverwaltung sprach sich dagegen aus.

Ein 365-Euro-Ticket würde den Haushalt des Landkreises nach einer ersten groben Schätzung mit einer Summe von 1,1 bis 1,6 Millionen Euro zusätzlich belasten. Zudem führten Tarifsenkungen ohne weitere begleitende Maßnahmen „nur zu einer geringen Nachfragesteigerung“, heißt es in der Beschlussvorlage, die noch vom Kreistag diskutiert werden muss. Die Befürworter solcher Tickets glauben dennoch, dass sich so mehr Menschen zum Umstieg in Busse und Bahnen bewegen ließen und dies zu einem geringeren CO2-Ausstoß führen könne.

Im Karlsruher Verkehrsverbund ist die Herausforderung, dass der Verbund gleich mehrere Land- und Stadtkreise sowie Einzelkommunen mit einem eigenen Stadtbusverkehr umfasst. Alleingänge sind hier besonders schwierig. Damit ist die Handlungsfähigkeit einzelner Kreistage eingeschränkt. Auch hier fand ein SPD-Antrag für eine sofortige Einführung des 365-Euro-Tickets vor kurzem keine Mehrheit. Landrat Christoph Schnaudigel verwies stattdessen auf das Vorhaben, verbundweit einen so genannten „Homezone-Tarif“ festzulegen. Er ermöglicht vergünstigte Fahrten auf bestimmten Strecken, die vom Kunden selbst definiert werden.

Einige Kommunen wie Stuttgart oder Freiburg wollen sich an einem Modellprojekt des Bundesverkehrsministeriums beteiligen, das die Einführung eines 365-Euro-Tickets vorsieht – in Verbindung mit einer Förderung, die die Einnahmeausfälle zunächst kompensieren würde. Die Landeshauptstadt hatte im Dezember schon das 365-Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende beschlossen – das sind Mehrausgaben von 2,6 Millionen Euro pro Jahr.

Verbände, in denen die ÖPNV-Unternehmen organisiert sind, lehnen ein günstiges Jahresticket zum Preis von einem Euro pro Tag, ebenfalls ab. Für Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, ist es beispielsweise „purer Populismus“. Es bringe nur einen kurzen Effekt, sei aber kein nachhaltiges Finanzierungsinstrument“. (dis)

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