Aus der surrealen Welt

Als Lokaljournalist erhalte ich auch die Meldungen der Polizei. Karlsruhe ist ein vergleichsweise ruhiges Pflaster mit den üblichen Vorfällen: Unfälle, zu viel Alkohol, Streitereien im privaten Bereich, Streitereien auf offener Straße, Körperverletzungen. Und im Sommer kommt die übliche Entenmeldung, wenn Polizisten einer Entenfamilie aus einer vertrackten Situation helfen. Vom 2. April, 11 Uhr, stammt diese Meldung, herausgegeben vom Karlsruher Polizeipräsidium und hier ungekürzt und unverändert wiedergegeben:

„Fünfergruppe aufgrund der Corona-Verordnung angezeigt

Karlsruhe (ots) – Weil sie die Corona-Verordnung missachtet haben, müssen nun drei Frauen und zwei Männer mit einer Ordnungswidrigkeiten-Anzeige rechnen. Die Personen im Alter von 17 bis 53 Jahren standen am Mittwoch gegen 10.40 Uhr an einer Mauer des Europaplatzes zusammen und unterhielten sich. Der Einsatzzug des Polizeipräsidiums Karlsruhe führte dort Kontrollen zur Überwachung der Corona-Verordnung durch und stellte fest, dass die Betroffenen nicht im selben Haushalt leben. Mit allen wurde ein belehrendes Gespräch geführt und sie müssen nun mit einem Bußgeld von jeweils mindestens 100 Euro rechnen.“

Das klingt fast schon ein bisschen kafkaesk. Auch George Orwell und sein Buch „1984“ könnten dafür Pate gestanden haben. Eine Meldung jedenfalls, die bis vor wenigen Tagen noch undenkbar erschien: Weil man in einer Gruppe von fünf Personen zusammensteht und sich unterhält, muss man derzeit mit 100 Euro Bußgeld rechnen. So sind die Regeln aktuell. Na gut. Ich bin mir aber nicht mehr sicher, ob man in der Abwägung am Ende zum Schluss kommen wird, dass das, was die Polizei nun umsetzen muss, auch im Nachgang noch als angemessen bewertet wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass Gerichte auch zu einem anderen Urteil kommen könnten. Wir leben momentan unter dem Druck von Verordnungen, die insgesamt bisher sehr pauschale Regelungen treffen. Und möglicherweise müsste man jetzt dazu übergehen zu schauen, bei welchen Aktivitäten und Verhaltensweisen in der Abwägung ein möglicherweise vertretbares Risiko besteht, um diese dann zuzulassen. Und auch wenn es zu früh ist, Regeln zu lockern, so wäre es doch sinnvoll zu überlegen, wie ein Weg aus dem kompletten Stillstand aussehen könnte. Und ja, auch diskutiert werden darf darüber. Es gibt (noch) keine Verordnung, die das verbietet.

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