Ohne doppelten Boden

Die Kommunalpolitik hat ihren herkömmlichen Betrieb faktisch eingestellt. Ja, es wird zum Teil irgendwie getagt – in dezimierter Form und ohne wirklich Diskussionen zu führen. All das, was Gemeinderatsarbeit ausmacht, findet nicht statt. Vielfach wird gar nicht getagt. Für einen freien Journalisten wie mich, der existenziell darauf angewiesen ist, dass Gemeinderatsarbeit mit allem, was dazu gehört, auch stattfindet, wird das zum ziemlichen Problem. Überhaupt der Lokaljournalismus: er kommt in diesen Tagen vollständig zum Erliegen, weil die Kommunen kein anderes Thema mehr kennen. Das ist nachvollziehbar und verständlich. Sie sind damit beschäftigt, unter diesen Umständen den Laden irgendwie am Laufen zu halten. Termine oder Pressekonferenzen finden nicht mehr statt.

Das bewirkt auch Reaktionen an anderer Stelle: die Lokalzeitung hat ihren Umfang von fünf bis sechs Seiten pro Tag auf drei Seiten reduziert. Die meisten Artikel handeln von einem Coronathema, nur wenige andere Themen finden überhaupt noch Platz. Hinzu kommt: Freie Journalisten wie ich werden von einem auf den anderen Tag nicht mehr beauftragt, auf Artikelangebote wird nicht mehr reagiert. Das ist ein schlechter und unsolidarischer Reflex. In normalen Zeiten steuern wir Freie zu einem lächerlichen Zeilensatz einen Gutteil der Zeitung bei, sitzen Veranstaltungen ab, am Abend, am Wochenende. Ich habe das über viele Jahre gerne gemacht, weil ich Lokaljournalismus für sehr bedeutsam halte für den Erhalt der Demokratie. Das ist heute tatsächlich ein Thema – auch damit hatte ich all die Jahre nie gerechnet.

In Krisenzeiten aber werden wir Freie als erste fallengelassen, weil es bei uns am einfachsten ist. Es gibt in der Regel nur mündliche Absprachen, keine Verträge, auf die man sich berufen könnte. So ist das und so finden das die meisten OK, die in der Branche tätig sind. Es ist ein Netz mit großen Löchern ohne doppelten Boden. Wenn es aber dazu führt, dass man in einer solchen Situation sofort durch das Netz durchfällt, dann muss man das Modell überdenken. Auch die Verlage sind hier gefordert.

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